Abmahnung: „Voraussichtliche“ Versanddauer bei Amazon

Online-Händler müssen ihre Kunden darüber informieren, wann die bestellte Ware eintrifft. Besonders im Online-Handel, wo ein reibungsloser Versand niemals garantiert werden kann, ist das eine große Last für Händler. Sich auf ungefähre oder voraussichtliche Lieferzeiten einzulassen, bringt jedoch auch nichts – sondern provoziert sogar eine Abmahnung.

Voraussichtliche Versanddauer nicht zulässig?!

In den letzten Tagen wurden uns mehrere Abmahnungen vorgelegt, die die bei Amazon dargestellte Versanddauer zum Gegenstand haben. Rechtsanwaltlich vertreten lässt sich die Abmahnerin Andrea Wüstefeld bei ihren Abmahnungen durch Rechtsanwalt Volker Fehrensen aus Göttingen. Frau Wüstefeld betreibt selbst einen Amazon-Shop unter dem Namen “Andrea’s Lederwaren”. Auf dem Amazon Marktplatz wird die Angabe „voraussichtlich“ wohl automatisch eingebunden, wenn die Versandkosten abhängig von der Menge oder des Gewichts der Artikel sind. Sind die Versandkosten nach dem Wert der Waren aufgefächert, wird die Angabe augenscheinlich nicht beigefügt.

Es geht konkret um die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer 1 -3 Tage“. Diese Art der Versandzeitangabe sei unzulässig, weil sich der Händler mit der Angabe „voraussichtlich“ die Nennung einer exakten Frist vermeidet. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts in Bremen ist die Angabe als Klausel-AGB anzusehen, die nicht zulässig ist, da der Zeitpunkt der Lieferung nicht hinreichend bestimmt ist und der potentielle Käufer somit nicht einschätzen kann, wann die Leistung erbracht wird. Hierbei handelt es sich um einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 308 Nr. 1 aus dem BGB, der folglich abmahnbar ist.

"Voraussichtliche Versanddauer" aus Amazon: verschiedene Auffassungen

Der Händler ist für die Erteilung der Informationen verantwortlich – auch wenn er darauf keinen Einfluss hat, sondern der Plattformbetreiber andere Voreinstellungen vorgenommen hat und keine Einflussnahme möglich ist. Genau hier liegt das Problem, denn offensichtlich haben Händler derzeit keine Einflussnahmemöglichkeit. Der Online-Versandhändler sieht das Urteil jedoch nicht als zwingend an und hat die Angabe “voraussichtlich” bisher nicht aus der entsprechenden Klausel entfernt. Im Amazon Verkäuferforum zitiert ein Mitarbeiter des Amazon Seller Supports folgende Aussage dazu:

”(...) Dies weil ebenso wie das Wort "ca." auch das Wort "voraussichtlich" eine rein objektive Komponente enthält, nämlich die Festlegung der Lieferdauer, wie sie der Anbieter zum Zeitpunkt der Bestellung objektiv "voraussehen" kann, also wenn keine unvorhersehbaren Umstände eintreten (z.B. Stau, Wintereinbruch, Streik beim Transportdienstleister, etc.). Anders als bei der Formulierung "in der Regel" wird gerade nicht auf einen Normalfall abgestellt, ohne dass klar ist, was die Ausnahmen von der Regel sind, sondern auf den vorhersehbaren Fall, wie er sich auch für einen objektiven Dritten darstellt.”
Auch die Gerichte vertreten dazu teilweise verschiedene Auffassungen. Wir beobachten die weitere Entwicklung und halten Sie hier über Updates auf dem Laufenden. Hinweise und Informationen von Amazon-Händlern zu diesem Punkt sind daher stets erwünscht.

 

Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne weitere Überprüfung die mit gesendete Unterlassungserklärung, sondern lassen sich zunächst rechtsanwaltlich beraten. Im schlimmsten Fall kann die Abmahnung Ihre Existenz bedrohen, da teilweise horrende Vertragsstrafen drohen. Wer Einfluss nehmen kann, sollte weiterhin auf „Weichmacher“ wie „ca.“, „in der Regel“ oder „voraussichtlich“ im Zusammenhang mit der Lieferzeit verzichten.

Wer Einfluss nehmen kann, sollte weiterhin auf „Weichmacher“ wie „ca.“, „in der Regel“ oder „voraussichtlich“ verzichten.

Gesetzlicher Hintergrund der Abmahnungen wegen voraussichtlicher Versanddauer

Der Artikel 246 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ( BGBEG) regelt die Informationspflichten von Unternehmern gegenüber Verbrauchern beim Verbrauchervertrag. Dort heißt es in Punkt 4, dass Gewerbetreibende u.a. folgende Informationen klar und verständlich zur Verfügung stellen müssen:
(...) gegebenenfalls die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet hat, die Waren zu liefern oder die Dienstleistungen zu erbringen, sowie das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden (...)
Zu der Frage, welcher Termin nun genau als zulässige Lieferfrist gilt, existieren leider verschiedene Auffassungen. Wenn möglich, sollten keine ungefähren Formulierungen verwendet werden und ein konkreter Lieferzeitpunkt genannt werden.

Der Händlerbund hilft Ihnen weiter, wenn Sie ebenfalls eine Abmahnung wegen der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer“ bei Amazon erhalten haben. Jetzt informieren!

 

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