Omnibus-Richtlinie » Alle Neuerungen für 2022

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Mit der Initiative „New Deal for Consumers“ sollen die Verbraucherrechte EU-weit gestärkt werden – vor allem im Online-Handel wird die Transparenz gegenüber Kunden gestärkt und Regelungen werden modernisiert.

Die rechtliche Grundlage bildet die Omnibus-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2161), die zahlreiche Anpassungen im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht mit sich bringt. Stichtag zur Umsetzung war der 28. Mai.

Bei Verstößen gegen die Richtlinie drohen Abmahnungen. Bei Verstößen mit Unions-Dimension drohen Bußgelder von mindestens 4 % des Jahresumsatzes oder von mindestens 2 Millionen Euro, wenn keine Informationen zum Umsatz bekannt sind.

Schnell-Check – die wichtigsten Neuerungen

  1. Preise: Bei Rabattaktionen muss der niedrigste Preis angegeben werden, der innerhalb der letzten – mindestens – 30 Tage vor der Preisermäßigung angewandt wurde
  2. Du als Händler musst bei Produktbewertungen angeben, ob diese auf ihre Echtheit geprüft werden. Findet eine Überprüfung statt, muss auch über das Wie informiert werden
  3. Bei bestimmten Wettbewerbsverstößen können auch Verbraucher einen Schadensersatz geltend machen
  4. Änderungen in der Widerrufsbelehrung für digitale Produkte
  5. Auf Online-Marktplätzen muss darüber informiert werden, ob das Produkt von einem privaten oder gewerblichen Verkäufer angeboten wird
  6. Online-Marktplätze müssen außerdem darüber informieren, wie Hauptparameter und deren relative Gewichtung die Rankings von Suchergebnissen beeinflussen

Neuerungen in Preisdarstellungen

Preisangabenverordnung (PAngV)

30-Tage-Regel bei Rabatt-Werbung

Vorher eben mal kurz die Preise künstlich nach oben getrieben, um die Kundschaft dann mit großen Prozenten zu locken – ein großer Online-Händler macht’s vor. Allerdings stolpern auch kleine Händler oft über die Hürden einer falschen oder irreführenden Rabattwerbung. Die Omnibus-Richtlinie soll hier Klarheit und damit auch Rechtssicherheit auf Seiten der Händler bringen. Die 30-Tage-Regel für Rabatte gilt dann für dich, wenn du dazu verpflichtet bist einen Gesamtpreis anzugeben. Bei Rabatten und Streichpreisen musst du dich beim Vergleich zwischen alten und neuem Preis auf den niedrigsten Gesamtpreis der vergangenen 30 Tage vor der aktuellen Rabatt-Aktion beziehen.

Wenn du eine schrittweise, ohne Unterbrechung ansteigende Preisermäßigung vornimmst, zum Beispiel um dein Lager zu räumen, ist es nicht nötig, mit jeder Reduzierung erneut mindestens 30 Tage für einen Vergleich zurückzugehen. Ausschlaggebendes Datum ist hier der Beginn der fortlaufenden Aktion.

So sieht es in der Praxis aus

Als Streichpreis darf künftig nur noch der Preis verwendet werden, der in den letzten 30 Tagen am niedrigsten war. Zum Beispiel: In der Adventszeit bietet ein Händler Weihnachtsbaumschmuck für 39,99 Euro an. Kurz vor Weihnachten zieht er die Preise nochmal ordentlich an, um von denen zu profitieren, die das mit dem Weihnachtsschmuck bisher versäumt haben. Nun kostet das Set 49,99 Euro. Nach Weihnachten will er Platz im Lager schaffen, und bietet die Saisonware wesentlich billiger an. Nun verlangt er nur noch 19,99 Euro. Um die Kundschaft zu locken, soll natürlich mit dem vorherigen Preis und einer möglichst hohen Prozentzahl geworben werden.

So geht’s richtig: Um die Neuerungen aus der Preisangabenverordnung zu erfüllen, muss der Händler als Ausgangspunkt für einen Lagerverkauf den Adventspreis mit 39,99 Euro verwenden. Keinesfalls darf er mit den höheren Weihnachtspreisen als Basis für die Rabattaktion werben.

Die 30-Tage-Regel gilt nicht bei

  1. individuellen Preisermäßigungen
  2. Preisermäßigungen für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn für den Kunden kenntlich gemacht wird, dass die Preissenkung einen möglichen Verfall vermeiden soll
  3. Aussagen, die sich nicht auf einen konkreten, zuvor höheren Preis beziehen, zum Beispiel Werbung mit „Knallerpreis“ oder „Dauerniedrigpreis“
  4. Gratisbeigaben, wenn das Produkt zum selben Preis verkauft wird, zum Beispiel „3 für 2“ oder „1 + 1 gratis“
  5. Preisvergleichen mit der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP)
  6. B2B-Geschäften


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Zeit zu handeln!

Preisangaben, Widerruf, Kundenbewertungen und mehr. Die Omnibus-Richtlinie bringt viele Änderungen und neue Unsicherheiten. Mit uns kommst du rechtssicher durch alle Neuerungen.

 

 

Angabe des Grundpreises

Die Mengeneinheiten zur Angabe des Grundpreises werden durch die Anpassung der Preisangabenverordnung vereinheitlicht. Angaben von 100 Millilitern oder 100 Gramm sind nicht mehr zulässig. Stattdessen werden Grundpreise für Produkte mit einem typischen Nennvolumen von 250 Gramm bzw. 250 Milliliter künftig pro einem Kilogramm bzw. Liter angegeben. An den Angaben für Produkte, die nach Länge oder Fläche verkauft werden, ändert sich nichts. Hier werden die Grundpreise weiterhin wie gewohnt pro einem Meter bzw. Quadratmeter angegeben.

Die Beschreibung, wie die Grundpreise angegeben werden müssen, wurde nun an das europäische Recht angepasst. Bisher sagte die Preisangabenverordnung, dass der Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis stehen muss. Jetzt lautet der Wortlaut dann: „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“. In der Praxis wird sich dadurch aber kaum etwas ändern, da die Grundpreise laut Gesetzesbegründung auf einem Blick gemeinsam mit dem Gesamtpreis wahrnehmbar sein müssen.

Darstellung von Pfandbeträgen

Die Höhe des Pfandbetrags, zum Beispiel für Einweg- und Mehrwegflaschen, muss neben dem Gesamtpreis dargestellt werden und kann nicht in den Gesamtpreis einbezogen werden.

Informationspflicht bei automatisierten Preise

Wenn dem Kunden Preise angezeigt werden, die sich algorithmisch aus seinem Verhalten – wie zum Beispiel der Kauffrequenz – ergeben haben, müssen sie darüber informiert werden. Ob diese Vorgehensweise, Preise auf Grundlage persönlichen Kundenverhaltens zu automatisieren, überhaupt schon angewendet wird, ist nicht bekannt. Allerdings soll die Regelung hier möglichen Einsätzen schon vorweggreifen.

Vorstoß gegen gefälschte Kundenbewertungen

Rezensionen spielen bei der Entscheidungsfindung von Kunden eine wichtige Rolle. Wie viel Wahrheit in einigen der Bewertungen steckt, ist mitunter fraglich. An dieser Stelle soll für Verbraucher mehr Transparenz geschaffen werden. Mit Umsetzung der Omnibus-Richtlinie musst du sicherstellen, dass du selbst nur Bewertungen anzeigst, die von Kunden stammen, die das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich erworben haben.

Kundenbewertungen, die du nicht selbst erhebst, sondern Dritte, sind nicht betroffen.

Es muss außerdem dargestellt werden, ob und wie diese Sicherstellung erfolgt. Es handelt sich dabei um eine „Wesentliche Information“, bei Verstößen drohen daher Abmahnungen.

Verbraucher können Schadenersatz verlangen

Mit der Umsetzung der Omnibus-Richtlinie gibt es auch Neuerungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) – zum ersten Mal wird es Verbrauchern jetzt zum Beispiel möglich sein, Anspruch auf Schadenersatz zu erheben. Dieser Anspruch besteht nur dann, wenn der Unternehmer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift des UWG verstoßen hat.

Die Situationen, in denen es zu solchen Schadenersatzforderunge kommen kann, sind vielfältig, zum Beispiel:

  1. Sogenannte „Anlockfallen“ im stationären Handel, die „frustrierende Aufwendungen“ beim Kunden erzeugen: Wenn Ware besonders günstig beworben wird, aber tatsächlich nicht in Mengen vorliegen, um die zu erwartende Nachfrage zu decken.
  2. Überrumpelungsaktionen oder die Notlage von Kunden ausnutzen (z. B. Schlüsseldienst)
  3. Gewährleistungsansprüche können nicht mehr nur gegen den Verkäufer, sondern auch gegen den Hersteller geltend gemacht werden


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Änderungen im Widerrufsrecht

Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen

Umfangreiche Informationspflichten von Händlern werden auch auf digitale Inhalte ausgeweitet. Als digitale Produkte werden vom Gesetz dabei ausschließlich solche Produkte erfasst, die per Download bereitgestellt werden. Zu digitalen Dienstleistungen zählen beispielsweise Clouds, Datei-Hosting oder Streamingdienste – also Dienste, die den Umgang mit Daten ermöglichen.

Wenn du diese Produkte oder Leistungen anbietest, musst du Kunden

  1. darauf hinweisen, dass auch für digitale Produkte die gesetzliche Mängelhaftung besteht
  2. über die Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und gegebenenfalls technische Schutzmaßnahmen von digitalen Produkten informieren

Neu ist außerdem, dass das Gesetz erstmals den Kauf von digitalen Inhalten mit personenbezogenen Daten kennt. Beim Erlöschen des Widerrufsrechts wird jetzt nämlich zwischen Verträgen unterschieden, bei denen Verbraucher Geld zahlen müssen und Verträgen, bei denen ausschließlich personenbezogene Daten als Zahlungsmittel genutzt werden.

Widerrufsbelehrung

Musterwiderrufsbelehrungen, die du deinen Kunden bereitstellst, müssen jetzt keine Faxnummern mehr enthalten.

Neue Pflichten für Marktplatz-Betreiber

Auch für Käufe über Marktplätze soll Kunden mit der Omnibus-Richtlinie mehr Transparenz ermöglicht werden.

Marktplatzbetreiber müssen für Kunden deutlich machen, ob es sich bei Verkäufern um ein Unternehmen oder um eine Privatperson handelt.

Außerdem müssen Betreiber (auch von Vergleichsportalen und Suchmaschinen) kommunizieren, welche Hauptparameter für ein Ranking ausschlaggebend sind und wie eine Gewichtung erfolgt. Die Algorithmen müssen allerdings nicht offengelegt werden. Versteckte Werbung darf dabei keinen Einfluss auf das Ranking haben, Werbeanzeigen müssen in den Suchergebnissen als solche gekennzeichnet sein.

Checkliste zur Omnnibus-Richtlinie

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