Dürfen Hersteller von Luxuswaren Handel auf Plattformen verbieten?

© GoncharukMaks / Shutterstock.com
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„Nach Auffassung von Generalanwalt Wahl kann ein Anbieter von Luxuswaren seinen autorisierten Händlern verbieten, seine Waren auf Drittplattformen wie Amazon oder eBay zu verkaufen“. Das ist die ernüchternde Überschrift, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) seiner heutigen Pressemitteilung voranstellt.

Worum geht es?

Eine Zeit lang sah es recht gut für den Online-Handel mit Markenwaren aus. Immer wieder unterlagen große und namhafte Markenhersteller in Gerichtsverfahren. Hier haben sich zahlreiche Gerichte in Richtung der Online-Händler zubewegt und Vertriebsbeschränkungen, die den Online-Handel generell oder einzelne Marktplätze ausschlossen, für unzulässig erklärt. Einer dieser Markenhersteller, der es bis zuletzt versuchte und immer noch durchhält, ist Coty. Coty ist als Parfümhersteller insbesondere für den Vertrieb von bekannten Markenparfums wie Hugo Boss, Jil Sander oder Davidoff bekannt.

Zuletzt eskalierte der Streit um den Verkauf der Parfüms über Online-Plattformen. Die erste Instanz, das Landgericht Frankfurt a.M., war noch händlerfreundlich und untersagte zunächst den pauschalen Ausschluss von Internet-Plattformen wie Amazon (Az.: 2-03 O 128/13). In nächster Instanz konnte man sich jedoch nicht mehr zu einer so händlerfreundlichen Entscheidung durchringen. Die Konsequenz war eine Vorlagefrage an den EuGH, der es nun richten soll. Das Verfahren, welches im vergangenen Jahr den EuGH erreichte, neigt sich nun seinem Ende zu. Nun wurden die Schlussanträge des Generalanwalts gestellt.

Vertriebsbeschränkungen sollen Wettbewerb fördern

Sie haben es vielleicht schon bemerkt, dass es nicht gut aussieht für den Handel mit Luxus- oder Designerartikeln im Internet oder gar generell mit dem Handel von Markenprodukten. Zugegeben, die Diskussionen rund um die Einschränkung des Vertriebs über das Internet generell oder über einzelne Online-Marktplätze ist so alt wie der Online-Handel selbst.

Daher noch einmal die Grundsätze: Vertriebsbeschränkungen können zulässig sein, wenn sie die folgenden Kriterien erfüllen:

  • die Auswahl der Wiederverkäufer muss einheitlich anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgen
  • die Vertriebsbeschränkungen dienen der Wahrung von Qualität und Prestige-Image
  • die Vertriebsbeschränkungen dienen der Gewährleistung eines richtigen Gebrauchs
  • die festgelegten Kriterien müssen verhältnismäßig sein.

Dem Leser wird nun vielleicht auffallen, dass es in dem Rechtsstreit nicht etwa um die teure Rolex-Uhr oder die neuesten Gucci-Handtasche geht, sondern um Parfums, beispielsweise Davidoff oder Joop, die sich im mittleren zweistelligen Bereich bewegen. Bereits die oben genannten Voraussetzung der „Gewährleistung eines richtigen Gebrauchs“ scheint schon nicht erfüllt zu sein.

Die Entscheidung des EuGHs könnte daher bei allen Markenherstellern wieder neue Hoffnung aufflammen lassen. Künftig kann also auch der freie Handel mit Nike-Shirts, Casio-Uhren oder Deuter-Rucksäcken bei Ebay und Amazon ins Wanken geraten. Warum sollte ein Joop-Parfüm für fünfzig Euro nicht bei Ebay angeboten werden dürfen, das iPhone oder der Samsung-Fernseher im oberen dreistelligen Bereich aber schon?

Vertriebsbeschränkungen können „gegen Phänomene des Parasitismus“ wappnen

Vertriebsbeschränkungen seien geeignet, das Luxusimage in verschiedener Hinsicht zu wahren, heißt es als Begründung. Zum einen werde damit gewährleistet, dass den gestellten Qualitätsanforderungen entsprochen wird. Zum anderen sollen Phänomene des Parasitismus verhindert werden.

Dass Markenhersteller bei der Präsentation ihrer Produkte mitreden sollen, ist gesetzlich verankert und daher auch nicht zu beanstanden. Ein Blick hinter die Kulissen dürfte aber Aufschluss darüber bringen, dass der knallharte Preiskampf treibendes Mittel bei Vertriebsbeschränkungen ist. Es scheint nur schwarz oder weiß zu geben. Die namhaften Online-Marktplätze haben jedoch längt aufgerüstet und werden auch in Zukunft weiter an ihrer Darstellung arbeiten. Das beweisen unzählige Ebay-Design-Updates oder die eingeführten Marken-Shops bei Amazon. 

Bitter aber wahr: Vertriebsbeschränkungen generell zulässig

Der EuGH hat das Thema Vertriebsbeschränkungen nicht zum ersten mal auf dem Tisch. Darauf verweisen die Schlussanträge im Coty-Vertriebsbeschränkungsfall auch deutlich. Es entspräche gefestigter Rechtsprechung des EuGH, dass es legitime Bedürfnisse für eine Einschränkung des Vertriebs geben kann.

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend. Ob die Richter in Luxemburg tatsächlich gegen den Online-Handel entscheiden, ist jedoch keineswegs nur eine rechtliche Frage. Hier ist die Politik gefragt, denn die europäischen Gerichte reagieren nur auf die zugrundeliegende Rechtslage. Gesetze, die den freien Online-Handel mit Markenwaren nicht ausreichend schützen oder gar torpedieren, können auch richterlich nicht mehr ins Gegenteil verkehrt werden. 

Das Urteil des EuGH wird erst in den kommenden Monaten folgen.

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