Gibt es eine neue Abmahngefahr wegen der Gesamtpreisangabe?

PAPALAH / Shutterstock.com
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Der Kunde kauft nicht nur ein Paar Socken, sondern gleich fünf dieser Sorte? Super, denn das bringt auch mehr Umsatz für den Shop. Praktisch passiert das so, dass der Kunde die Anzahl direkt auf der Produktübersichtsseite auswählen und in den Warenkorb legen kann.

Alternativ wird dies auf die Detailseite verlagert. Fest steht, dass in nur sehr wenigen Fällen eine Aktualisierung des Gesamtpreises erfolgt, also eine Anzeige des Gesamtpreises für die fünf Paar Socken, sondern stets nur der Preis für ein Paar. 

Der Kunde muss den Preis daher meist im Kopf überschlagen oder in den Warenkorb schauen, welcher Preis insgesamt ggf. inklusive Versandkosten anfällt.

Darstellungsbeispiel:

Der Kunde wählt als Stückzahl ein Kissen zu je 9,70 Euro aus:

Screenshot von Hornbach.de
© Hornbach

 

Entscheidet er sich für den Kauf von zwei Kissen, wird der Gesamtpreis von nunmehr 19,40 Euro automatisch angepasst:

 

Screenshot von Hornbach.de
© Hornbach

 

Hat man diese Option in seinem Shop nicht, soll das jedoch genau ein Problem darstellen.

Was wurde entschieden?

Viele Online-Händler haben uns auf einen Newsbeitrag hingewiesen, der von zwei aktuellen Urteilen berichtet und zwischenzeitlich nicht mehr verfügbar ist. Ändert sich bei einer Erhöhung der Stückzahl im Online-Shop der angegebene Gesamtpreis in addierter Form nicht, sondern erst nach Einlegung des Produktes in den Warenkorb, stelle dies einen Verstoß dar. Das soll das Landgericht Münster (Az.: 021 O 71/20) entschieden haben. Das Landgericht Frankfurt (Beschluss vom 30.10.2020, Az.: 2-06 O 355/20) soll genau das Gegenteil entschieden haben.

So schätzt der Händlerbund die Rechtslage ein

Wie so oft, hat der Online-Handel mit einer neuen Rechtsauffassung zu kämpfen, die auch nachvollziehbar und begründbar ist. Aus technischer Sicht ist die Auffassung aus dem Urteil auch theoretisch umsetzbar. 

Aus rechtlicher Sicht sprechen nichtsdestotrotz auch mehrere Gründe gegen die strenge Auffassung des Landgerichts Münster. Zum einen bietet die Gesetzesgrundlage keine erkennbare Pflicht zur Anzeige der Gesamtpreise bezogen auf die Bestellmenge. Gesamtpreise sind nach der Preisangabenverordnung die Preise, “die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise)”. Bei der Aufgliederung von Preisen sind zwar die Gesamtpreise hervorzuheben. Dies bezieht sich aber beispielsweise auf den Flugsektor, wo zum Ticketpreis noch Steuern oder Flughafengebühren hinzukommen. Eine Pflicht zur Angabe des Gesamtpreises bezogen auf eine Stückzahl >1 lässt sich unserer Meinung nach nicht direkt aus dem Gesetz entnehmen.

Ein weiterer Grund, der gegen eine strenge Angabe des Gesamtpreises bezogen auf die Stückzahl spricht, ist die Situation im Geschäft. Im stationären Handel erfährt der Kunde den Gesamtpreis ebenfalls erst an der Kasse oder muss ihn eigenständig vorher berechnen, was ihm jedoch einfach möglich ist.

Handlungsempfehlung und Praxistipp

Tatsächlich besteht derzeit auch unter den Rechtsexperten Uneinigkeit. Bisher handelt es sich wohl nur um eine Einzelfallentscheidung. 

Im Online-Handel ist diese geforderte gewünschte Darstellung kaum bis gar nicht verbreitet. Eine Abmahngefahr ist deshalb schon gering, da die meisten Abmahner die Darstellung ebenfalls noch nicht umsetzen (können) und damit kein Abmahngrund bestünde.

Nichtsdestotrotz möchten wir alle Händler dafür sensibilisieren: Sollte die Option in Ihrem Shop möglich und umsetzbar sein, sollte sie genutzt werden. Alternativ kann die Stückzahl im Shop, die in den Warenkorb gelegt werden kann, auf einen Artikel begrenzt werden. Der Kunde müsste dann also die gewünschte Stückzahl mehrmals hintereinander in den Warenkorb legen.

Der Händlerbund wird in diesem Bereich die Entwicklungen an Abmahnungen und neuer Rechtsprechung genau beobachten und darüber berichten bzw. bei den einschlägigen Shopsystemen, die eine Umsetzung derzeit noch nicht anbieten, eine technische Lösung anstoßen.

 
 

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