Insolvenz vermeiden » Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

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Was passiert bei einer Insolvenz? Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab? Und vor allem: Wie lässt sich eine Insolvenz vermeiden? In diesem Ratgeber zeigen wir dir, wie du finanzielle Engpässe frühzeitig erkennst, welche Maßnahmen du ergreifen kannst und warum gute Planung die beste Vorsorge ist, um eine Insolvenz abzuwenden.
Insolvenz vermeiden » Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
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Was ist Insolvenz?

Insolvenz tritt ein, wenn ein Unternehmen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, die Zahlungsunfähigkeit droht oder das Unternehmen überschuldet ist (§ 17 InsO). Betroffene sind alle Rechtsformen wie GmbH, UG, AG, aber auch Einzelunternehmen. Für Letztere gilt insbesondere das Regelinsolvenzverfahren, in dem das gesamte Geschäfts- und Privatvermögen in die Insolvenztabelle einfließt.

 

Anzeichen: Wann droht Insolvenz?

Eine Insolvenz droht nicht plötzlich, sondern entwickelt sich meist schleichend über Wochen oder Monate. Wer frühzeitig Warnsignale erkennt, kann gegensteuern und oftmals das Unternehmen vor der Insolvenz bewahren. Entscheidend ist dabei das magische Dreieck aus Liquidität, Rentabilität und Sicherheit. Ein Ungleichgewicht führt oft zum Einbruch der Liquidität bei gleichzeitigem Wertverfall des Unternehmens.

Typische Frühwarnzeichen, die für eine drohende Insolvenz sprechen:

  1. Umsatzrückgang oder Verluste, die das Eigenkapital auffressen
  2. Dauerhaft ausgeschöpfte Bankkonten und reduzierte Kreditlinien
  3. Zahlungsverzug oder Rücklastschriften, Mahn- und Vollstreckungsbescheide
  4. Unbezahlte Sozialversicherungsbeiträge oder Steuerschulden
  5. Fortführungsprognose (Die Fortführungsprognose entscheidet darüber, ob ein Unternehmen trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten weiter bestehen kann. Mit realistisch begründeter Planung und Fortführungsabsicht.)
  6. Negativer Cashflow trotz möglichem Gewinn, oft durch hohe Bestände oder fehlende Liquiditätsplanung

Weitere operative Anzeichen sind:

  1. Personalfluktuation: Schlüsselkräfte verlassen das Unternehmen unerwartet
  2. Einstellungsstopp oder abrupte Budgetkürzungen
  3. Lieferanten- oder Kundenprobleme: Forderungsverluste, Qualitätsmängel, gebrochene Zahlungskonzepte.
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Wenn mehrere dieser Punkte zusammenkommen, ist schnelles Handeln unerlässlich: Liquidität prüfen, externe Beratung einholen und rechtlich notwendige Maßnahmen ergreifen.
 

Was passiert bei einer insolventen Firma oder einem Einzelunternehmen?

Für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG)
Bei Insolvenz einer GmbH oder AG besteht eine gesetzliche Pflicht des Geschäftsführers, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird diese Frist versäumt, drohen persönliche Haftung und strafrechtliche Folgen wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO).

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Insolvenzverschleppung bezeichnet in Deutschland das pflichtwidrige Unterlassen oder die verspätete Stellung eines Insolvenzantrags durch den Geschäftsführer, Vorstand oder andere Vertretungsberechtigte eines Unternehmens. Obwohl die sogenannte Insolvenzreife bereits eingetreten ist. Die Insolvenzreife liegt vor, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig, überschuldet oder drohend zahlungsunfähig ist.

Für Einzelunternehmen
Ein Einzelunternehmer haftet mit seinem gesamten Privatvermögen. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften besteht keine gesetzliche Insolvenzantragspflicht. Allerdings wird häufig ein Gläubigerverfahren eingeleitet, wenn Zahlungsverpflichtungen nicht bedient werden.

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Ein Gläubigerverfahren ist ein Teil des Insolvenzverfahrens, bei dem die Gläubiger (also diejenigen, denen Forderungen gegen den Schuldner zustehen) ihre Rechte geltend machen und über wichtige Entscheidungen im Insolvenzprozess abstimmen können.

Wann muss ich Insolvenz anmelden?

Für Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG): Sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist (sogenannte Insolvenzreife), musst du ohne schuldhaftes Zögern, spätestens innerhalb von drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen bei Überschuldung, einen Insolvenzantrag stellen. Es zählt der objektive Zeitpunkt des Eintritts - nicht erst die Erkenntnis der Geschäftsleitung.

 

Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

Der Ablauf eines Insolvenzverfahrens in Deutschland gliedert sich in drei Phasen:

  • hb-iconset-smartguard1
    Antrag und Eröffnungsbeschluss
  • hb-iconset-hilfe-bei-abmahnung
    Berichts- und Prüfungstermin
  • hb-iconset-hammer
    Verwertung und Abschluss
 

Insolvenzverfahren: Ablauf im Detail

  • Insolvenzantrag

    Dieser wird durch den Schuldner oder einen Gläubiger gestellt. Das Gericht prüft Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung sowie Kosten-Deckung (z. B. Verwalterkosten) aus der Masse.
  • Eröffnungsbeschluss & Verwalterstellung

    Das Gericht erlässt den Beschluss, bestellt einen Insolvenzverwalter oder Sachwalter und veröffentlicht die Eröffnung per amtlicher Bekanntmachung.
  • Forderungen

    werden in der Insolvenztabelle registriert. Anschließend folgt der Berichtstermin und ggf. die Gläubigerversammlung zur Entscheidung über Sanierung oder Liquidation.
  • Berichtstermin & Gläubigerversammlung

    Der Verwalter stellt das Vermögensverzeichnis und die Gläubigerforderungen vor. Die Versammlung entscheidet über Fortführung des Unternehmens oder Liquidation und ggf. über einen Insolvenzplan.
  • Abwicklung oder Sanierungsphase

    Je nach Beschluss wird im Anschluss die Verwertung der Insolvenzmasse (z. B. Verkauf von Vermögensgegenständen) oder Erstellung eines Insolvenzplans mit Gläubigerbeteiligung und gerichtlicher Bestätigung abgewickelt.
  • Abschluss & Restschuldbefreiung

    Nach Aufhebung des Verfahrens erfolgt die Verteilung des Erlöses. Bei natürlichen Personen oder Einzelunternehmern folgt im Regelfall eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren.

    Die Gesamtdauer eines Insolvenzverfahrens liegt meist bei 36 Monaten, sofern gleichzeitig ein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt wird. Juristische Personen (z. B. GmbH, AG) können jedoch keine Restschuldbefreiung erhalten. Diese Möglichkeit ist nur für natürliche Personen vorgesehen.

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Ein Insolvenzplan ist ein besonderer Sanierungsplan im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, mit dem ein Unternehmen oder auch eine Privatperson die Möglichkeit erhält, die bestehende Insolvenz einvernehmlich und maßgeschneidert zu regeln.


Besonderer Hinweis: Verbraucherschutz bei Einzelfällen

  1. Wenn ein Einzelunternehmer zur Privatinsolvenz wechselt, ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit Gläubigern erforderlich.
  2. Die Wohlverhaltensphase beinhaltet Pflichten wie Beschäftigungsnachweis, Auskunftspflichten, kein neues Schuldengeschäft ohne Zustimmung.
 

Eröffnungsgründe im Insolvenzverfahren

Ein Insolvenzverfahren darf nur eröffnet werden, wenn mindestens ein gesetzlich definierter Eröffnungsgrund vorliegt. Die drei zentralen Gründe sind: 

  1. Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), 
  2. drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO
  3. und, bei juristischen Personen, Überschuldung (§ 19 InsO).
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Zahlungsunfähigkeit

Liegt vor, wenn ein Unternehmen dauerhaft außerstande ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen,z. B. Mahnungen, Vollstreckungen, Zahlungsausfälle und dieser Zustand nicht nur vorübergehend ist (nicht innerhalb von ca. 2-3 Wochen überbrückbar) 

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Drohende Zahlungsunfähigkeit

Wenn absehbar ist, dass fällige Zahlungen in naher Zukunft nicht geleistet werden können und Sanierungschancen bestehen. In diesem Fall kann ein Eigenantrag gestellt werden.

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Überschuldung

Bei juristischen Personen (z. B. GmbH) ist Überschuldung gegeben, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht deckt. Es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist innerhalb der nächsten 12 Monate überwiegend wahrscheinlich. Eine positive Fortführungsprognose kann das Verfahren verhindern, wenn z. B. ein Restrukturierungsplan nach StaRUG greift.

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Ein Restrukturierungsplan nach dem StaRUG (Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) ist ein schriftliches Konzept, das Maßnahmen zur Sanierung eines finanziell angeschlagenen Unternehmens zusammenfasst, um eine Insolvenz zu vermeiden. Er beschreibt, wie das Unternehmen saniert werden soll und wie Gläubiger betroffen sind. Mit Zustimmung der Gläubiger kann der Plan vom Gericht bestätigt werden und bindet auch abgelehnte Gläubiger. Das Ziel ist, das Unternehmen frühzeitig und außergerichtlich zu retten und die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen.
 

7 Maßnahmen zur Insolvenz-Vermeidung

Wenn eine Zahlungsunfähigkeit droht, lässt sich ein Insolvenzverfahren oft vermeiden. Und zwar durch frühzeitiges und gezieltes Handeln:

  1. Finanzlage analysieren: Überblick über Liquidität, Gläubigerstruktur, Zahlungsfähigkeit verschaffen.
  2. Priorisiere kritische Zahlungen: Insbesondere Löhne, Steuern und Sozialabgaben, um Haftungsrisiken zu minimieren.
  3. Verhandle aktiv mit Gläubigern: Einigung auf Ratenzahlungen, Stundungen oder Teilerlass kann oft vor Insolvenz schützen.
  4. Liquiditätsmaßnahmen nutzen: Factoring, Lagerverkauf, Sale-and-Lease-Back können kurzfristig helfen.
  5. Erstelle einen Sanierungsplan: Auch außerhalb des Gerichts (nach StaRUG) oder im Rahmen eines Insolvenzplans. Das erhöht die Chancen auf Fortführung.
  6. Besonnen bleiben: Klangvolle Emotionen vermeiden, professionelle Beratung durch Rechtsanwalt, Steuerberater oder Sanierungsexperten sind entscheidend.
  7. Beratung nutzen: Eine frühzeitige Schuldnerberatung oder fachkundige Sanierungshilfe unterstützt dich dabei, unüberlegte Schritte zu vermeiden.
  8. Rücklagen bilden: Rücklagen schaffen einen finanziellen Puffer, der in wirtschaftlich schwierigen Phasen kurzfristige Liquiditätsengpässe abfedern kann. Dadurch wird verhindert, dass das Unternehmen sofort zahlungsunfähig wird.
  9. Frühzeitiges Erkennen der Krise: Regelmäßig betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Warnsignale überprüfen, um frühzeitig Maßnahmen einzuleiten – nicht erst reagieren, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht.
  10. Offene und transparente Kommunikation: Offen mit Gläubigern, Geschäftspartnern, Mitarbeitern und Anteilseignern kommunizieren. Vertrauen schaffen und Unterstützung ermöglichen.
  11. Alternativen zur klassischen Kreditfinanzierung prüfen: Öffentliche Förderprogramme, Bürgschaften, Umschuldungen als Finanzierungsoptionen nutzen.
  12. Interne Kostenstruktur prüfen und anpassen: Unnötige Kosten senken, fixe Kosten reduzieren (z. B. durch Personalmaßnahmen, Mietverhandlungen).
  13. Risikomanagement und Versicherungen nutzen: Kreditversicherungen oder Kautionsversicherungen verwenden, um Forderungsausfälle abzusichern.
  14. Vorsorge für Kundeninsolvenzen treffen: Kreditwürdigkeitsprüfungen durchführen und Forderungsausfälle z. B. durch Factoring mit Ausfallschutz absichern.
 

Warum eine gute Liquiditätsplanung vor Insolvenz schützt

Eine vorausschauende Liquiditätsplanung hilft dabei, Zahlungsengpässe frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern. Wer seine Einnahmen und Ausgaben im Blick behält, kann rechtzeitig Rücklagen bilden, Finanzierungen anstoßen oder Kosten optimieren. So lassen sich finanzielle Krisen oft vermeiden und eine drohende Insolvenz wird gar nicht erst zum Thema.

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Nutze Tools wie Tidely, um deine Liquidität automatisch zu kontrollieren und mögliche Engpässe frühzeitig zu erkennen. So kannst du Ausgaben oder Investitionen rechnerisch vorbereiten. Das ist effektiver als reaktives Krisenmanagement und hilft dir, Insolvenz klar zu vermeiden.

 

Fazit

Insolvenz muss nicht zwangsläufig das Ende bedeuten, sie kann vielmehr der Startpunkt für einen Neuanfang sein, etwa über ein Insolvenzplanverfahren oder durch Restschuldbefreiung nach drei Jahren. Voraussetzung ist das rechtzeitige Erkennen von Frühwarnsignalen, etwa Liquiditätsengpässe oder offene Forderungen. 

Mit professioneller Beratung, Kenntnis der Verfahrensphasen und aktiver Liquiditätsplanung (z. B. mit Tools wie Tidely) kannst du oft eine Insolvenz verhindern oder ihr strukturiert begegnen. Wenn wirklich ein Verfahren notwendig wird, hilft dir dieser Ratgeber, alle Schritte sicher zu verstehen ー von Antrag bis Abschluss.
Mann sitzt verzweifelt mit Buch vor Gesicht vor fallendem Kurvendiagramm, Geldscheine mit Flügeln fliegen davon

FAQ Insolvenz vermeiden

Welche Formulare oder Anträge sind bei einer Insolvenz notwendig?

Der Insolvenzantrag wird bei dem zuständigen Insolvenzgericht (meist Amtsgericht) eingereicht. Bei Verbraucherinsolvenz mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung und der Bescheinigung über den gescheiterten außergerichtlichen Einigungsversuch.

Zusätzlich sollte ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten gestellt werden, wenn kaum pfändbares Vermögen vorhanden ist.

Was ist eine Restschuldbefreiung?

Die Restschuldbefreiung ist ein rechtliches Instrument im deutschen Insolvenzrecht, das verschuldeten natürlichen Personen (Privatpersonen und Selbstständigen) nach einem durchlaufenen Insolvenzverfahren ermöglicht, einen wirtschaftlichen Neustart zu machen. Sie bewirkt, dass die am Ende des Insolvenzverfahrens noch verbleibenden Schulden, die nicht vollständig beglichen werden konnten, den Schuldnern erlassen werden.

Damit sind diese Personen wieder schuldenfrei und können ohne Einschränkungen am wirtschaftlichen Leben teilnehmen.

Voraussetzungen für die Restschuldbefreiung

  1. Der Schuldner muss das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß durchlaufen und eine Wohlverhaltensphase von in der Regel 3 bis 6 Jahren einhalten.
  2. Der Schuldner darf in der Zeit vor und während des Verfahrens keine Insolvenzstraftaten begangen haben oder falsche Angaben gemacht haben.
  3. Die Verfahrenskosten müssen gedeckt sein, oder zumindest gestundet werden.
  4. Während der Wohlverhaltensphase muss der Schuldner einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen und pfändbare Einkommensteile an den Treuhänder abführen.
  5. Die Restschuldbefreiung wird vom zuständigen Insolvenzgericht auf Antrag erteilt.

Wirkung der Restschuldbefreiung

  1. Nach erfolgreicher Restschuldbefreiung sind die verbliebenen Verbindlichkeiten nicht mehr durchsetzbar, es handelt sich also um einen rechtskräftigen Schuldennachlass.
  2. Ausnahmen bestehen für bestimmte Forderungen wie z. B. Geldbußen, Unterhaltspflichten oder neu während des Verfahrens entstandene Schulden.
  3. Für Bürgen oder Mitschuldner bestehen die ursprünglichen Ansprüche weiterhin.
  4. Sicherheiten, beispielsweise Pfandrechte, bleiben unberührt.

Ziel der Restschuldbefreiung
Das Ziel ist es, überschuldeten Personen die Möglichkeit zu geben, sich finanziell zu rehabilitieren und wieder ein schuldenfreies Leben zu führen. Mit der Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren bis zur Restschuldbefreiung?

In Deutschland dauert das Insolvenzverfahren inklusive Wohlverhaltensphase in aller Regel drei Jahre, berechenbar ab dem Tag der Verfahrenseröffnung. Danach erfolgt die Restschuldbefreiung, sofern keine Versagungsgründe vorliegen. Die Regelung ist seit 1. Oktober 2020 in Kraft und dauerhaft gültig. In besonders komplexen Fällen (z. B. Verbraucherinsolvenz mit Vorverfahren) sind bis zu 6 Jahre möglich. Bei Wiederinsolvenz verlängert sich die notwendige Zeit zur Restschuldbefreiung auf 5 Jahre, mit längerer Sperrfrist für weitere Anträge (11 Jahre).

Was ist eine Wohlverhaltensphase?

Die Wohlverhaltensphase ist eine entscheidende Zeit im Insolvenzverfahren von Privatpersonen, die meist 3 Jahre dauert. Sie beginnt nach Abschluss der Vermögensverwertung. In dieser Phase muss der Schuldner bestimmte Pflichten erfüllen, zum Beispiel:

  1. Eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben
  2. Pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter abgeben
  3. Keine neuen Schulden machen
  4. Änderungen der persönlichen Verhältnisse melden
  5. Offen und ehrlich mit Gericht und Verwalter zusammenarbeiten

Wer diese Pflichten erfüllt, erhält am Ende meist die Restschuldbefreiung und kann schuldenfrei neu starten. Verstößt der Schuldner gegen diese Regeln, kann die Restschuldbefreiung versagt werden.

Was versteht man unter Insolvenzmasse und Quotenschaden?

Insolvenzmasse umfasst das gesamte pfändbare Vermögen (Geld, Immobilien, Luxusgüter etc.) des Schuldners zur Verteilung an Gläubiger.

Der Quotenschaden entsteht, wenn ein Insolvenzantrag verspätet gestellt wird und dadurch die Masse geschmälert wird. Die Gläubiger erhalten somit weniger zurück. Geschäftsführer haften persönlich bei Pflichtversäumnissen (§ 13, § 15a InsO).

Welche Rolle spielt der Insolvenzverwalter?

Der Insolvenzverwalter wird vom Insolvenzgericht bestellt, übernimmt die Kontrolle über die Insolvenzmasse und wickelt das Verfahren ab. Er erstellt Forderungsverzeichnisse, meldet die Insolvenztabelle und organisiert Berichtstermine sowie Prüftermine der Gläubigerversammlung.

Bei natürlichen Personen begleitet ein Treuhänder die Wohlverhaltensphase, verteilt pfändbares Einkommen an Gläubiger und prüft Obliegenheiten.

Was ist eine Insolvenztabelle?

Eine Insolvenztabelle ist ein zentrales Verzeichnis im Insolvenzverfahren, das vom Insolvenzverwalter geführt wird. In dieser Tabelle sind alle Forderungen der Gläubiger gegen den insolventen Schuldner aufgelistet, die im Verfahren angemeldet wurden. Die Insolvenztabelle dient mehreren wichtigen Zwecken:

  1. Sie sammelt und ordnet alle angemeldeten und geprüften Forderungen der Gläubiger.
  2. Sie bildet die Grundlage für die Verteilung der Insolvenzmasse, also des verbliebenen Vermögens des Schuldners, an die Gläubiger.
  3. Sie dient der Ermittlung der Insolvenzquote, also des prozentualen Anteils, den jeder Gläubiger von seiner Forderung voraussichtlich erhält.
  4. Ein Eintrag in die Insolvenztabelle wirkt wie ein Vollstreckungstitel; Gläubiger können nach Abschluss des Verfahrens mit einem Auszug aus der Tabelle ihre Forderungen vollstrecken, wenn die Restschuldbefreiung nicht erteilt wurde.

Die Forderungen werden in einem sogenannten Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter und ggf. vom Gericht überprüft. Nicht jede angemeldete Forderung wird automatisch anerkannt. Sie muss nachgewiesen werden. Werden Forderungen bestritten, können Gläubiger diese gerichtlich feststellen lassen.

Wie kann ich als Unternehmer eine Insolvenz vermeiden?

Eine Insolvenz lässt sich vermeiden, indem du frühzeitig auf eine solide Liquiditätsplanung, Kostenkontrolle und Risikomanagement achtest. Wer regelmäßig seine Zahlungsfähigkeit prüft, Rücklagen bildet und früh bei finanziellen Engpässen handelt, kann das Insolvenzrisiko deutlich reduzieren.

Was sind die häufigsten Ursachen für Unternehmensinsolvenzen?

Zu den typischen Ursachen für eine Unternehmensinsolvenz zählen:

  1. Fehlende Liquidität (z. B. durch vernachlässigte Liquiditätsplanung)
  2. Zahlungsausfälle von Kunden
  3. Zu schnelles Wachstum 
  4. Falsche Kalkulation oder zu niedrige Margen
  5. Fehlendes Controlling oder Businessplanung

Was ist der Unterschied zwischen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung?

Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass du deine fälligen Rechnungen nicht mehr begleichen kannst. Bei Überschuldung übersteigen deine Schulden dauerhaft das Vermögen. Beide Zustände können zur Insolvenz führen und sollten sofort professionell geprüft werden.

Ab wann sollte ich bei drohender Insolvenz professionelle Hilfe suchen?

Bei einer drohenden Insolvenz solltest du schnellstmöglich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, idealerweise schon, wenn Anzeichen wie Zahlungsengpässe, Umsatzeinbrüche oder das Nichterfüllen zukünftiger Verbindlichkeiten sichtbar werden. Der gesetzliche Prognosezeitraum für eine drohende Zahlungsunfähigkeit beträgt bis zu 24 Monate, innerhalb derer geprüft wird, ob Zahlungen künftig nicht geleistet werden können. Profis wie Schuldnerberater, Insolvenzrechtsexperten oder Sanierungsexperten können dann helfen, geeignete Finanzierungs- oder Sanierungspläne aufzustellen und eine Insolvenz womöglich zu vermeiden.

Kann ich eine Insolvenz zurückziehen, wenn ein Insolvenzverfahren schon läuft?

Ein Insolvenzantrag kann nur zurückgezogen werden, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Sobald das Gericht das Verfahren eröffnet hat, ist ein Rückzug nicht mehr möglich. Das Verfahren läuft dann verbindlich weiter, und der Schuldner muss mitwirken und seine Vermögensverhältnisse offenlegen. Eine Einstellung des Verfahrens ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, wenn alle Gläubiger zustimmen und die Kosten gedeckt sind, aber nicht durch einen einfachen Rückzug des Antrags.

Was ist der Unterschied zwischen Firmen- und Privatinsolvenz?

Privatinsolvenz (auch Verbraucherinsolvenz genannt) richtet sich an natürliche Personen, die nicht selbstständig sind, etwa Arbeitnehmer oder Rentner. Ziel ist eine schnelle Entschuldung mit anschließender Restschuldbefreiung.

Firmeninsolvenz (Regelinsolvenz) betrifft juristische Personen (z. B. GmbH, AG) und Selbstständige. Sie ist komplexer, mit mehr Gestaltungsmöglichkeiten wie Insolvenzplänen und häufigem Versuch einer Unternehmenssanierung zur Fortführung des Geschäfts. Die Verfahrensdauer und Komplexität unterscheiden sich deutlich, da bei der Firmeninsolvenz oft umfangreiche Vermögenswerte, Gläubigerstrukturen und Betriebsfortführungen zu berücksichtigen sind.

Ab wann kommt es zur Insolvenzverschleppung?

Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn ein Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt wird. Die gesetzlichen Fristen sind:

  1. Drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (der Zeitpunkt, ab dem fällige Zahlungen nicht mehr geleistet werden können).
  2. Sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung (wenn das Vermögen die bestehenden Schulden nicht mehr deckt).

Wer diese Fristen schuldhaft versäumt, macht sich strafbar und riskiert Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (bei Vorsatz) beziehungsweise bis zu einem Jahr (bei Fahrlässigkeit). Die Frist beginnt, sobald der Verantwortliche Kenntnis vom Insolvenzgrund hat.

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Anja Schachheim

Geschrieben von
Anja Schachheim

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