Green Claims – Was Online-Händler wissen müssen

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Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr: Immer mehr Verbraucher achten beim Einkauf auf ökologische Aspekte, und Unternehmen nutzen Umweltversprechen („Green Claims“), um ihre Produkte und Services attraktiv zu machen. Doch wo mit „klimaneutral“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ geworben wird, wächst auch die Gefahr des Greenwashings – also der irreführenden oder ungenauen Darstellung von Umweltvorteilen.

Für dich bedeutet das: Rechtssicherheit und Glaubwürdigkeit gehen Hand in Hand. Wer seine Claims prüft, belegt und klar kommuniziert, vermeidet nicht nur rechtliche Risiken, sondern stärkt auch das Vertrauen bei umweltbewusster Kundschaft.  Dieser Ratgeber erklärt die rechtlichen Hintergründe, zeigt Beispiele, Checklisten, Dos & Don’ts und gibt praktische Tipps für eine nachhaltige Kommunikation ohne Greenwashing.

Green Claims – Was Online-Händler wissen müssen
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Was sind „Green Claims“?

Green Claims sind freiwillige Umweltversprechen von Unternehmen – etwa Aussagen wie „klimaneutral“, „recycelt“, „umweltfreundlich“. Sie finden sich in Produktbeschreibungen, auf Verpackungen oder in Online-Shops.

Typische Green Claims 

  1. „CO₂-neutraler Versand“
  2. „100 % recycelbar“
  3. „Nachhaltig produziert“
  4. „Umweltfreundlich“
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Das Problem: Viele dieser Versprechen sind unscharf oder unbewiesen, weshalb die EU strengere Regeln schaffen will.

Warum die EU gegen Greenwashing vorgeht

Die Europäische Union hat in mehreren Untersuchungen festgestellt, dass ein erheblicher Teil der umweltbezogenen Werbeaussagen intransparent oder unbegründet ist. In Studien der Kommission wurde gezeigt, dass mehr als die Hälfte – konkret rund 53 Prozent – aller geprüften Green Claims vage, irreführend oder nicht belegt waren. Rund 40 Prozent der Claims konnten gar nicht mit verlässlichen Daten oder Studien unterlegt werden. 

Auch die Vielfalt an Nachhaltigkeitssiegeln ist problematisch: Viele Labels arbeiten mit uneinheitlichen Kriterien, schwachen Prüfverfahren oder mangelnder Transparenz, was die Vergleichbarkeit für Verbrauchenden zusätzlich erschwert.

Für Verbraucher bedeutet das, dass sie bei Kaufentscheidungen oft in die Irre geführt werden. Wenn ein Produkt etwa als „klimaneutral“ oder „recycelt“ beworben wird, ist häufig unklar, worauf sich diese Aussage stützt, wie groß der tatsächliche ökologische Effekt ist oder ob nur Kompensationsmaßnahmen gemeint sind. Damit verlieren Kunden die Möglichkeit, fundierte und nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen. Gleichzeitig entsteht ein massiver Wettbewerbsnachteil für jene Händler, die in echte Nachhaltigkeitsmaßnahmen investieren und diese transparent belegen.

Genau hier setzt die EU an. Mit neuen Vorschriften will sie für Klarheit sorgen. Künftig sollen Green Claims zuverlässig, wissenschaftlich fundiert und nachvollziehbar sein. Die Regeln sehen zudem vor, dass Umweltversprechen durch unabhängige Stellen überprüft werden und dass vage Begriffe ohne konkrete Belege eingeschränkt oder untersagt werden.

Die Ziele sind klar:

  1. Verbraucher sollen sich auf Umweltversprechen verlassen können, Unternehmen sollen unter fairen Wettbewerbsbedingungen agieren, und Greenwashing als Marketingstrategie soll zurückgedrängt werden. 
  2. Damit stärkt die EU nicht nur den Verbraucherschutz, sondern schafft auch Vertrauen in nachhaltige Produkte und Dienstleistungen.

Maßnahmen im Überblick: Was es gibt, was geplant war, was gilt

Die EU unternimmt mehrere Schritte, um Green Claims zu regulieren. Einige Regelungen sind bereits beschlossen, andere noch im Entwurf oder in der Diskussion. Es gibt Überschneidungen, Ergänzungen und zum Teil Unsicherheit, besonders wegen politischem Widerstand und Bedenken wegen Bürokratie.

Die wichtigsten Maßnahmen der EU auf einen Blick:

EmpCo-Richtlinie

Maßnahme: EmpCo-Richtlinie (EU) 2024/825 – „Empowering Consumers for the Green Transition“ (ECGT)

Status: 

  1. Am 26. März 2024 in Kraft getreten
  2. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 27. März 2026 Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.
  3. Die Anwendung (Geltungsbeginn für Unternehmen & Verbraucher) beginnt am 27. September 2026.

Wesentliche Regelinhalte: 

z. B.: Verbot generischer Umweltansagen (“umweltfreundlich”, “grün” etc.), wenn keine hervorragende Umweltleistung nachgewiesen werden kann; Verbot irreführender Nachhaltigkeitslabels, verpflichtende Angaben zur Reparierbarkeit, Lebensdauer, rechtlicher Garantie; Erweiterung der schwarzen Liste (Black List) von UGP-RL etc.

Green Claims Directive

Maßnahme: Green Claims Directive (GCD)

Status:

  1. Vorgeschlagen; Verhandlungen pausiert seit Mitte 2025; Umsetzung unklar.

Wesentliche Regelinhalte: 

Ergänzt die EmpCo, insbesondere durch klare und detaillierte Anforderungen, wie Umweltansprüche (explicit environmental claims) nach wissenschaftlichen/objektiven Kriterien zu belegen/verifizieren sind. Harmonisierung der Nachhaltigkeits- / Umweltlabel (z. B. Transparenz, Prüfbarkeit durch unabhängige Stellen, Anforderungen an Lebenszyklusanalysen etc.).

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Warum brauchen wir Gesetze statt Einzelfallurteile?

 

Auch wenn es bereits viele Gerichtsentscheidungen zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsaussagen gibt – etwa zu „klimaneutral“-Werbung, CO₂-Kompensation oder zur Zulässigkeit bestimmter Labels – reichen Einzelfallurteile nicht aus, um Rechtssicherheit zu schaffen. Urteile wirken nur im jeweiligen Streitfall: Mal wird eine Formulierung erlaubt, mal verboten, abhängig von Details der Darstellung. Für Unternehmen bedeutet das: eine unsichere, schwer kalkulierbare Lage.

Gesetzliche Regelungen sorgen hier für einheitliche, allgemeingültige Standards, die nicht erst durch jahrelange Prozesse erstritten werden müssen. Sie legen klar fest, was erlaubt ist und was nicht – etwa ob „klimaneutral“ noch durch reine Kompensation belegt werden darf. Außerdem schaffen EU-weite Regeln ein Level Playing Field: Ohne Harmonisierung hätten Mitgliedstaaten unterschiedliche Maßstäbe, was grenzüberschreitenden Handel erschwert und Verbraucher verwirrt.

 


Aktueller Umsetzungsstand in Deutschland

Deutschland arbeitet an einem Gesetz zur Umsetzung der EmpCo-Richtlinie. Genauer: Ein „Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)“ wurde als Referentenentswurf vorgelegt. 

Der Entwurf sieht vor, die Vorgaben der EmpCo-RL weitgehend 1:1 in das UWG zu übernehmen, mit neuen Definitionen (z. B. „Umweltaussage“, „Nachhaltigkeitssiegel“, „anerkennenswerte Umweltleistung“) sowie erweiterter „Schwarzer Liste“ unlauterer Geschäftspraktiken. 

fazit-nachhaltige-unternehmenEinige zentrale Regelungen im Entwurf:

  1. Werbeaussagen über künftige Umweltleistungen (z. B. „klimaneutral bis …“) dürfen nur gemacht werden, wenn ein detaillierter, realistischer, öffentlich einsehbarer Umsetzungsplan vorliegt, inklusive
    messbarer Ziele und Zeitrahmen sowie einer externen (unabhängigen) Kontrolle.
  2. Allgemeine vage Begriffe wie „umweltfreundlich“, „nachhaltig“ usw. ohne konkrete, nachprüfbare Kriterien werden eingeschränkt oder verboten, wenn keine hervorragende Umweltleistung nachgewiesen ist. 
  3. Nachhaltigkeitssiegel: Nur solche Siegel dürfen verwendet werden, die entweder staatlich sind oder auf einem anerkannten Zertifizierungssystem beruhen, mit externer Prüfung. Eigene Labels ohne solche unabhängigen Systeme sollen unzulässig sein. 
  4. Kompensation von Emissionen (etwa zur Behauptung „klimaneutral“) wird sehr kritisch gesehen – Aussagen, die allein auf Kompensation beruhen, sollen nicht mehr zulässig sein. 
Kritik und offene Fragen

Es wird befürchtet, dass der deutsche Entwurf in manchen Punkten über das hinausgehen könnte, was die EU-Richtlinie verlangt – also sogenanntes „Gold-Plating“. z. B. was den Begriff der „geschäftlichen Handlung“ betrifft oder wie die Regelung auch B2B-Kontexte betreffen könnte. Auch die Anforderungen an Zertifizierungssysteme und Nachhaltigkeitssiegel werfen Fragen auf, insbesondere wie klein(er)e Anbieter diese erfüllen können und welche Prüfstellen oder Standards anerkannt sind. 

Kontrolle und Sanktionen

Die Einhaltung der Regeln zu Green Claims wird in erster Linie durch die nationalen Marktüberwachungs- und Verbraucherschutzbehörden kontrolliert. Diese Behörden können auf Hinweise von Verbrauchern, Wettbewerbern oder NGOs reagieren, aber auch Stichproben und Prüfungen von Produktinformationen und Online-Shops durchführen. Auf europäischer Ebene unterstützt die EU-Kommission mit Leitlinien, Koordinierung und möglichen Sanktionen im Binnenmarkt.

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Für Händler bedeutet das: Wer mit Umweltversprechen wirbt, muss jederzeit damit rechnen, dass diese Aussagen überprüft werden.

Je nach Schwere des Verstoßes drohen unterschiedliche Konsequenzen – von Verwarnungen über Abmahnungen bis hin zu empfindlichen Geldbußen. In gravierenden Fällen können Werbeverbote, Rückrufe von Produkten oder Unterlassungsverfügungen angeordnet werden. 

Risiken für Händler

  1. Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherverbände
  2. Reputationsschäden
  3. Bußgelder bei systematischen oder wiederholten Verstößen


Auswirkungen auf den E-Commerce

Die verschärften Regeln gelten nicht nur für Produktverpackungen oder klassische Werbung, sondern ausdrücklich auch für den Online-Handel. Händler, die über ihren Shop, über Plattformen oder soziale Medien mit Nachhaltigkeit werben, müssen deshalb besonders aufmerksam sein.

Geprüft werden künftig nicht nur die Produktbeschreibungen im engeren Sinne, sondern auch:

  1. Icons, Labels & grafische Darstellungen mit Nachhaltigkeitsbezug fallen unter die Richtlinien.
  2. Angaben zu Versand, Verpackung, Rücknahme & Recyclingfähigkeit sind ebenfalls relevant.
  3. Hinweise wie „klimaneutraler Versand“ oder „umweltfreundliche Verpackung“ müssen belegbar und transparent sein.
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Für Online-Händler bedeutet das, dass alle Inhalte im digitalen Verkaufsprozess – vom Produkttitel über Infoboxen bis hin zu Nachhaltigkeitssiegeln – den Anforderungen genügen müssen. Wer hier nicht sorgfältig prüft, riskiert Abmahnungen und Vertrauensverluste.

Besondere Prüfpflichten im Online-Handel

  1. Produktbeschreibungen und Marketingtexte auf konkrete Nachweise überprüfen
  2. Nachhaltigkeitssiegel nur nutzen, wenn sie transparent und unabhängig zertifiziert sind. Das gilt auch, wenn man die Werbematerialien nur vom Hersteller übernimmt.
  3. Icons, Bilder und Labels dürfen keine irreführenden „grünen Botschaften“ transportieren
  4. Versand- und Verpackungsangaben (z. B. „CO₂-neutral“, „100 % recycelbar“) kritisch hinterfragen und mit Belegen absichern

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Fazit Green Claims

Die EU verschärft die Regeln gegen Greenwashing deutlich: Spätestens ab 2026 müssen Händler ihre Green Claims klar belegen können. Schon heute gilt, dass vage oder unbegründete Aussagen rechtlich riskant sind und vielfach von Gerichten als unzulässig eingestuft werden. Händler sollten daher alle Umweltversprechen prüfen, Daten und Nachweise sammeln und bevorzugt mit anerkannten Zertifikaten arbeiten. So lassen sich nicht nur rechtliche Risiken vermeiden, sondern auch das Vertrauen von Kunden nachhaltig stärken.
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FAQ zu Green Claims

 
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Welche Belege müssen vorgelegt werden?

Green Claims müssen mit Daten, Studien oder Zertifikaten belegt werden, zum Beispiel durch Lebenszyklusanalysen oder unabhängige Prüfstellen.

Ab wann gilt die neue Regelung?

Die EmpCo-Richtlinie gilt in ihrer deutschen Umsetzung ab September 2026, die Geltung für die Green Claims Richtlinie ist noch unklar.

Was sind typische Beispiele für Greenwashing?

Typische Beispiele sind vage Begriffe wie „grün“, übertriebene Aussagen wie „100 % recycelbar“, selbst erfundene Labels oder reine CO₂-Kompensation.

Welche Sanktionen drohen?

Es drohen Abmahnungen, hohe Bußgelder, Werbeverbote, Rückrufe von Produkten oder der Ausschluss von Ausschreibungen.

Gibt es vertrauenswürdige Zertifikate?

Ja, vertrauenswürdig sind zum Beispiel das EU Ecolabel, der Blaue Engel, FSC, EMAS oder ISO 14001.

Was ist der Unterschied zwischen Green Claims- und Greenwashing-Richtlinie?

Die Greenwashing-Richtlinie (EmpCo) ist bereits beschlossen und muss bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden, während die Green Claims Richtlinie nur ein Entwurf ist und noch unsicher bleibt.

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Yvonne Bachmann

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Yvonne Bachmann

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