Health Claims Verordnung (HCVO): Fehler, die du vermeiden solltest

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Health Claims Verordnung (HCVO) heißt übersetzt soviel wie: Gesundheitsbehauptungen-Verordnung. Es geht also um Aussagen, die im werblichen Kontext über Lebensmittel getroffen werden und den Eindruck erwecken können, gut für die Gesundheit zu sein. Dabei kennt die Verordnung zwei unterschiedliche Arten von Aussagen. Es geht um

  1. gesundheitsbezogene Aussagen und
  2. nährwertbezogene Aussagen

Die Verordnung regelt genau, welche Aussagen getroffen werden dürfen. Sinn und Zweck ist dabei der Schutz der Kunden, die in der Regel nicht über das notwendige Wissen in Biologie, Chemie sowie Medizin verfügen, um die getroffenen Werbeaussagen richtig einordnen zu können. Erfahre in diesem Beitrag alles über die Health Claims Verordnung.

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Health Claims

Health Claims Verordnung (HCVO) – Kurz & Kompakt

  1. Die Health-Claims-Verordnung gilt für alle Lebensmittel, die in der EU vermarktet werden, einschließlich Nahrungsergänzungsmittel.
  2. Lebensmittel meint in diesem Zusammenhang alle Stoffe oder Erzeugnisse, die vom Menschen aufgenommen, also gegessen werden.
  3. Die Verordnung legt fest, welche gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims) und nährwertbezogenen Angaben (Nutrition Claims) auf Lebensmitteln gemacht werden dürfen.
  4. Gemäß der Verordnung müssen alle gesundheitsbezogenen Aussagen wissenschaftlich nachgewiesen und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) überprüft und zugelassen sein.
  5. Gesundheitsbezogene Aussagen für Lebensmittel sind grundsätzlich verboten, es sei denn, die Verordnung erlaubt sie explizit.
  6. Sinn und Zweck: Die Health-Claims-Verordnung will Verbraucher schützen, indem sichergestellt wird, dass alle gesundheits- und nährwertbezogenen Angaben auf Lebensmitteln wissenschaftlich fundiert und nicht irreführend sind, indem sie beispielsweise zu einem übermäßigen Verzehr verleiten.

 

Grundlagen der HCVO und Anwendungsbereich

Die HCVO, offiziell als Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates bekannt, regelt die Verwendung von gesundheitsbezogenen Aussagen über Lebensmittel in der Europäischen Union. Die HCVO gilt für alle gesundheitsbezogenen Angaben, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung von Lebensmitteln gemacht werden.

Ziele der HCVO

Diese Verordnung wurde eingeführt, um sicherzustellen, dass jegliche gesundheitsbezogene Behauptungen auf Lebensmittelverpackungen oder in Werbematerialien wissenschaftlich fundiert und für die Verbraucher nicht irreführend sind.

  1. Verbraucherschutz: Die Verordnung soll sicherstellen, dass alle gesundheitsbezogenen Behauptungen klar, wahr und auf wissenschaftlichen Belegen basieren.
  2. Fairer Wettbewerb: Die HCVO soll gleiche Voraussetzungen für die Genehmigung und Verwendung gesundheitsbezogener Angaben schaffen.
  3. Förderung der Gesundheit: Indem wissenschaftlich fundierte Angaben gemacht werden können, soll eine gesunde Ernährung und Lebensweise gefördert werden.

Auswirkungen auf Produktkennzeichnung und Marketing

Die HCVO hat erhebliche Auswirkungen auf das Marketing und die Produktkennzeichnung von Lebensmitteln innerhalb der Europäischen Union. Diese Auswirkungen sind weitreichend und betreffen sowohl Lebensmittelhersteller als auch reine Händler, denn Letztere müssen sich auf die gemachten Angaben verlassen.

Auf der anderen Seite ist es extrem verlockend, ein Lebensmittel mit einem bunten Blumenstrauß aus Claims zu bewerben. Unternehmen müssen ihre Werbestrategien jedoch möglicherweise überdenken und sicherstellen, dass alle gesundheitsbezogenen Angaben den HCVO-Anforderungen entsprechen. Dies könnte eine Einschränkung für kreative Marketingkampagnen bedeuten.

Für wen ist die HCVO relevant?

Die Health Claims Verordnung ist für jeden Händler oder Hersteller relevant, der Lebensmittel herstellt oder eben vertreibt. Sie gilt sowohl für den stationären als auch für den Online-Handel.

hb-iconset-stoerer-info-2Merke: Lebensmittel meint in diesem Zusammenhang alle Stoffe oder Erzeugnisse, von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie vom Menschen aufgenommen werden. Dazu gehören natürlich vor allem Produkte, die für den Verzehr hergestellt wurden.

Keine Lebensmittel sind damit:

  1. Futtermittel
  2. lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr hergerichtet worden sind
  3. Pflanzen vor dem Ernten
  4. Arzneimittel
  5. kosmetische Mittel
  6. Tabak und Tabakerzeugnisse
  7. Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe

Was sind gesundheitsbezogene Aussagen?

Gesundheitsbezogen sind alle Aussagen, mit denen der Werbende erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringt, dass das betroffene Lebensmittel eine Auswirkung auf die menschliche Gesundheit hat. Zu den gesundheitsbezogenen Aussagen gehören beispielsweise:

  1. bekömmlich
  2. entschlackend
  3. entgiftend
  4. Verringerung von Blähungen
  5. Unterstützung des normalen Stoffwechsels
  6. verbesserte Konzentration
  7. Verbesserung des Hautbildes
  8. Erhaltung der normalen Haare
  9. Detox

Welche gesundheitsbezogenen Aussagen sind zulässig?

Die Verordnung legt genau fest, welcher Nährstoff, welche Substanz, welches Lebensmittel oder welche Lebensmittelkategorie mit welcher Aussage beworben werden darf. Die Liste ist abschließend, das bedeutet, dass wirklich nur die Aussagen getroffen werden dürfen, die sich in der Liste wiederfinden (ab Seite 4). Dort heißt es zum Beispiel:

Vitamin C

Angabe: Vitamin C trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Vitamin-C-Quelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Zink

Angabe: Zink trägt zu einer normalen kognitiven Funktion bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Zinkquelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Proteine

Angabe: Proteine tragen zu einer Zunahme an Muskelmasse bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Proteinquelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe PROTEINQUELLE erfüllen.

Biotin

Angabe: Biotin trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Biotinquelle gemäß der im Anhang
der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Calcium

Angabe: Calcium trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Calciumquelle gemäß der im Anhang
der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Magnesium

Angabe: Magnesium hat eine Funktion bei der Zellteilung

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Magnesiumquelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Vitamin A

Angabe: Vitamin A trägt zur Erhaltung normaler Sehkraft bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Vitamin-A-Quelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Vitamin B12

Angabe: Vitamin B12 trägt zur normalen psychischen Funktion bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Vitamin-B12-Quelle gemäß der im
Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Vitamin B6

Angabe: Vitamin B12 trägt zur normalen psychischen Funktion bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Vitamin-B12-Quelle gemäß der im
Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Vitamin B12

Angabe: Vitamin B6 trägt zur normalen Bildung roter Blutkörperchen bei

hb-iconset-paragraphBedingungen für die Verwendung der Angabe: Die Angabe darf nur für Lebensmittel verwendet werden, die die Mindestanforderungen an eine Vitamin-B6-Quelle gemäß der im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Angabe [NAME DES VITAMINS/DER VITAMINE] UND/ODER [NAME DES MINERALSTOFFS/DER MINERALSTOFFE]-QUELLE erfüllen.

Beispielsweise darf ein Orangensaft damit beworben werden, dass das in einem Glas enthaltene Vitamin C zur Verringerung von Müdigkeit beiträgt. Die Aussage, dass der Saft generell gegen Müdigkeit hilft, wäre aber rechtswidrig, da die Verordnung die Zulässigkeit dieses Claims nur in Bezug auf das Vitamin C zulässt.

hb-iconset-stoerer-achtung-2Verständlichkeit von Angaben: Die Aussagen deiner Lebensmittel müssen aber nicht nur genehmigt sein, die Zielgruppe muss sie auch verstehen können und darf nicht in die Irre geführt werden, beispielsweise durch Bebilderung oder erklärenden Fachjargon oder komplexe wissenschaftliche Begriffe.

 

 

tip

Aus der Rechtsprechung: Der „Monsterbacke Streit“

Kennst du oder deine Kinder den Früchtequark „Monsterbacke“? Das Produkt wurde damit beworben, dass es „so wichtig wie das tägliche Glas Milch“ sei. Allerdings müsste man vier Becher des Quarks essen, um auf die gleiche Menge an Kalzium zu kommen, wie ein Glas Milch (0,2 Liter). Zum anderen enthält der Quark vergleichsweise viel Zucker und ist somit sogar ungesünder. Klarer Verstoß, oder? Überraschung: Es handelte sich NICHT um eine Irreführung (BGH, Urteil vom 12.02.2015 - I ZR 36/11), wenn ein Hinweis auf eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ergänzt wird. Das Beispiel zeigt, wie komplex und variantenreich eine gesundheitsbezogene Werbung ausfallen kann und sie ist somit ohne fachliche Rechtsberatung kaum zu bewerkstelligen, sondern ein Ritt auf der Bananenschale.

 

 

Weitere unzulässige Aussagen sind:

Bekömmlich, insbesondere in Verbindung mit Alkohol: Die Verordnung verbietet grundsätzlich das Treffen gesundheitsbezogener Aussagen bezüglich alkoholischer Getränke.

Entschlackend oder entgiftend: Die Verordnung kennt diese Wörter nicht. Bezüglich der entschlackenden Wirkung gibt es auch ein Urteil des OLG Karlsruhe, welches klargestellt hat, dass diese Aussage unzulässig ist: "Eine solche Wirkungsmöglichkeit ist nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert. Dies ergibt sich schon daraus, dass es die von der Beklagten in der Werbung nicht näher erläuterten "Schlacken" im menschlichen Körper und damit auch eine "Entschlackung" nach dem Verständnis der Schulmedizin/Ernährungswissenschaft nicht gibt."

Verboten:

  1. Glucosamin für gesunde Knochen und Gelenke
  2. Cranberry zur Förderung der Blasengesundheit
  3. Probiotische Joghurts wirken positiv auf das Immunsystem

 

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Was sind nährwertbezogene Aussagen?

Nährwertbezogen sind solche Aussagen, die zum Ausdruck bringen, welche Nähr- und Inhaltsstoffe in einem Lebensmittel in erhöhtem oder verringerten Mengen vorhanden sind. Dazu gehören also:

  1. reich an Vitaminen
  2. wenig Zucker
  3. fettfrei

Wie auch bei den gesundheitsbezogenen Aussagen gibt es eine Liste mit nährwertbezogenen Angaben, die verwendet werden dürfen.

Ein häufiger Fehler ist die Verwendung der Aussage Low Carb, also wenig Kohlenhydrate. Die HCVO kennt lediglich die Werbeaussage reduzierte Kohlenhydrate.

Was musst du als Online-Händler beachten?

Online-Händler müssen in Produktbeschreibungen, Bannern und auch in ihrem Blog darauf achten, welche Aussagen sie treffen. Wichtig ist ein Bewusstsein für gesundheitsbezogene und nährstoffbezogene Aussagen. Mehr Informationen zum Thema Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln und deren Darstellung im Online-Handel findest du in unserem Ratgeber zur LMIV.

Handlungsempfehlungen für dich und deinen Online-Shop

1. Lesen, lesen, lesen!

Um dich als Unternehmer für das Thema Health Claims zu sensibilisieren, musst du dich in diesen Ratgeber (und darüber hinaus) einlesen. Bist du Hersteller, trägst du die Verantwortung für deine Produkte und sämtliche Werbung, beispielsweise den Aufdruck auf der Verpackung. Auch gegenüber deinen Weiterverkäufern und nicht zuletzt gegenüber Verbrauchern musst du im Zweifel Rede und Antwort stehen.

Schaue dir daher die Verordnung genau an und halte sich auch über Änderungen und neu zugelassene Claims der EFSA informiert, um sicherzustellen, dass deine Werbeaussagen konform sind. Neue Rechtsprechung oder Abmahnungen im Bereich der Health Claims gibt es unter anderem auf Onlinehandler-News.

2. Gestalte deinen Shop rechtssicher

Aber auch als reiner Wiederverkäufer stehst du dafür ein, was der Hersteller für Claims verwendet. Du musst also stets im Einzelfall entscheiden, ob deine Artikelbeschreibungen im Online-Shop so erlaubt sind, auch wenn du sie “nur” von der Verpackung oder Hersteller-Website übernimmst. Du könntest also zunächst Rücksprache mit dem Hersteller halten und dir bestätigen lassen, dass die Aussagen zugelassen und wissenschaftlich belegt sind.

Gehe dazu deine Produktbeschreibungen durch und stelle zusammen mit einem Experten sicher, dass alle gesundheitsbezogenen Angaben den Vorgaben der Verordnung entsprechen oder entferne sie. Vermeide daher jegliche Formulierungen, die Versprechen oder Garantien zur Heilung, Linderung oder Prävention von Krankheiten beinhalten, es sei denn, diese sind explizit genehmigt.

 

 

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3. Denke auch an den Datenschutz

Im Zusammenhang mit der Health Claims-Verordnung wird dir wahrscheinlich nicht sofort der Datenschutz in den Sinn kommen. Doch tatsächlich kann auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant werden, wenn es um die Verarbeitung deiner Kundendaten und deren Gesundheitsinformationen geht. Vertreibst du beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel, fallen auch sie unter die Health-Claims-Verordnung und die darüber gesammelten Daten deiner Kunden könnten als besonders sensibel eingestuft werden, weil sie Rückschlüsse auf deren Krankheiten zulassen.

Rechtliche Konsequenzen und Durchsetzung

In Deutschland wird die Einhaltung der HCVO durch eine Kombination aus bundes- und landesspezifischen Behörden überwacht. Die Behörden wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) überwachen den Markt auf Produkte, die möglicherweise nicht konforme gesundheitsbezogene Angaben tragen. Dies umfasst die Überprüfung von Werbematerialien und Produktetiketten.

Bei Verstößen gegen die HCVO können die zuständigen Behörden verschiedene Sanktionen verhängen:

  1. Verwarnungen und Bußgelder
  2. Rückruf und Vernichtung von Produkten
  3. Veröffentlichung der Verstöße

Bei Verstößen droht eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung. Besonders oft werden solche Aussagen vom Verband sozialer Wettbewerb abgemahnt. Aber auch Abmahnungen von Verbänden, Vereinen und Konkurrenten,  sind möglich und stellen ein hohes Risiko dar.

Größte Gefahren bei der Werbung mit Health Claims

Die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben, die nicht von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft und genehmigt wurden, gehört zu den gravierendsten Fehlern. Solche nicht genehmigten Claims können zu rechtlichen Konsequenzen führen:

  1. Abmahnungen durch Verbänden, Vereinen und Konkurrenten, 
  2. Geldstrafen durch Behörden

Zudem droht ein Vertrauensverlust bei deinen Kunden.

Typische Irrtümer und Fehler rund um Health Claims

Die wohl relevantesten Fehler liegen in der Verwendung von Aussagen, die überhaupt nicht zugelassen sind. Ein paar Begrifflichkeiten sind so beliebt, dass man schon von sogenannten Klassikern unter den Abmahnungen sprechen kann. Ein Beispiel ist die Bewerbung von Lebensmitteln, wie Wein oder Kaffee, mit dem Begriff „bekömmlich“. Aber auch alle Aussagen aus dem Bereich Detox („Entschlackend“ oder „Entgiftend“) sind ein Dauerbrenner unter den Abmahnungen.

Auch wenn eine Aussage durch allgemeine Forschungsergebnisse oder traditionelle Anwendungen belegt zu sein scheint, darf sie nicht einfach verwendet werden. Ohne eine gesonderte Zulassung geht es nicht. Und selbst wenn diese die Voraussetzungen erfüllt und sowohl wissenschaftlich ausreichend belegt und genehmigt ist, kann ihre missverständliche Darstellung Probleme verursachen. Dies beinhaltet die Übertreibung von Wirkungen oder das Versprechen von Gesundheitsvorteilen.

Überwache außerdem die Kundenbewertungen auf deiner Website, um sicherzustellen, dass diese keine unzulässigen gesundheitsbezogenen Angaben enthalten. Denn auch für diese haftest du unter Umständen mit, wenn du sie aktiv freischaltest oder dir zu eigen machst. Du kannst dazu beispielsweise Moderationsrichtlinien für Bewertungen implementieren, um die Einhaltung der Health-Claims-Verordnung zu gewährleisten.

Zulassung: Wie kommen die Claims in die Verordnung?

Wie du bereits weißt, dürfen nur die Aussagen verwendet werden, die sich in der offiziellen Liste wiederfinden. Nun heißt es also, einen neuen Claim so schnell wie möglich dort hineinzubringen. Der Antragsteller muss seinen Antrag auf Zulassung eines Claims zusammen mit allen relevanten wissenschaftlichen Nachweisen bei der zuständigen nationalen Behörde einreichen. Über den Antrag entscheidet schließlich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)

Glossar: Die wichtigsten Begriffe der HCVO

Health Claims (gesundheitsbezogene Angaben) sind Aussagen, die einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines Lebensmittels bzw. einem seiner Bestandteile und der Gesundheit herstellen, indem beispielsweise gesundheitliche Vorteile suggeriert werden. Dazu gehören Behauptungen über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie Aussagen über die Entwicklung und Gesundheit.

Nährwertbezogene Angaben tragen dazu bei bzw. deuten darauf hin, dass ein Lebensmittel besonders vorteilhafte Nährwerteigenschaften besitzt. Typische Beispiele dafür sind „fettarm“, „Omega-3-Fettsäure-Quelle“ oder „hoher Ballaststoffgehalt“.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist eine unabhängige europäische Institution, die die wissenschaftlichen Belege bewertet und über die Zulassung der Aussagen entscheidet.

Wissenschaftlicher Nachweis bedeutet, dass alle gesundheitsbezogenen Angaben auf soliden wissenschaftlichen Belegen basieren müssen.

 

 

Abschließend lässt sich sagen:

Kaum ein Gebiet ist wohl so abmahngefährdet wie der Verkauf von Lebensmitteln. Das bedeutet, dass du deine Produktbeschreibungen, Verpackungen und Werbematerialien, egal ob als Hersteller oder Händler von Lebensmitteln bist, sorgfältig gestalten musst, um sicherzustellen, dass alle gesundheitsbezogenen Angaben den Anforderungen der HCVO entsprechen. 

Werbeslogans mit gesundheitsbezogenen Angaben sollten vorher juristisch überprüft werden. Unzulässige oder irreführende gesundheitsbezogene Angaben können zu rechtlichen Konsequenzen wie Abmahnungen führen, einschließlich Geldstrafen und dem Verbot des Verkaufs der betreffenden Produkte in der EU.
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FAQ zur Health Claims Verordnung HCVO

Was bedeutet wissenschaftliche Nachweisbarkeit?

Allgemeine Forschungsergebnisse oder traditionelle Anwendungen reichen nicht aus, um gesundheitsbezogene Angaben zu stützen. Die EFSA fordert spezifische, robuste wissenschaftliche Nachweise, die direkt das betreffende Produkt betreffen. Diese Beweise müssen peer-reviewed Studien umfassen, die den spezifischen gesundheitlichen Nutzen des Lebensmittels oder Inhaltsstoffs nachweisen.

Was muss ich bei nährwertbezogenen Angaben beachten?

Nährwertbezogene Angaben beschreiben, dass ein bestimmter Inhaltsstoff oder Nährstoff in dem Lebensmittel enthalten ist oder nicht bzw. weniger enthalten ist. Hierunter zählen Aussagen wie „proteinreich“, „zuckerfrei“ oder „Low Carb“, aber auch „fettarm“, „Omega-3-Fettsäure-Quelle“ oder „hoher Ballaststoffgehalt“. 

Betrifft die HCVO auch deutsche Händler?

Die HCVO gilt für alle Lebensmittel, die in der EU vermarktet werden, einschließlich Nahrungsergänzungsmittel.

Wie kann ich sicherstellen, dass meine Produktangaben konform sind?

Mach dich zunächst mit der HCVO vertraut, um ein Gefühl dafür zu entwickeln. Checke deine Produktbeschreibungen, die du in deinem Shop verwendest oder lasse deinen Shop von Profis wie dem Händlerbund kontrollieren und dich so auf Werbeaussagen hinweisen, die bedenklich sein könnten. Als reiner Händler kannst du jedoch nicht viel tun, sondern musst dich auf die Aussagen des Herstellers verlassen oder auf sie verzichten.

Wie wirkt sich die HCVO auf Importe und Exporte aus?

Innerhalb der EU sind die Vorschriften vereinheitlicht und die zugelassenen Claims sind europaweit in ihren jeweiligen Übersetzungen gültig.

Wie viele Health Claims gibt es?

Die genaue Anzahl der in der Europäischen Union zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims) kann sich ändern, da neue Claims hinzugefügt oder bestehende überarbeitet bzw. entfernt werden können. Um die aktuelle Anzahl der zugelassenen Health Claims zu erfahren, wäre der direkte Weg, die offizielle Datenbank der Europäischen Union für zugelassene gesundheitsbezogene Angaben zu konsultieren. Diese Datenbank ist öffentlich zugänglich.

 

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