Online-Shopping Retouren: nicht nur für den Händler ein Problem.
Laut der Forschungsgruppe Retourenmanagement der Uni-Bamberg wurden 2018 ca. 280 Mio. Pakete und 490 Mio. Artikel retourniert. Modehändler erreichten sogar eine Retourenquote von 70% - 80%. Bei den Summen lohnt sich ein genauer Blick auf das Thema Retourenmanagement.

Retouren kosten Zeit und Geld
Die Forschungsgruppe Retourenmanagement fand ebenfalls heraus, dass jedes zurückgesendete Paket den Händler durchschnittlich 19,51€ kostet. Die Hälfte davon wird für die Aufbereitung inklusive Personalkosten benötigt. Denn zurückgesendete Ware kommt nicht direkt in den Lagerbestand. Bevor sie wieder verkauft werden kann, muss sie auf Mängel geprüft und eventuell aufwendig aufbereitet werden. Sind alle Qualitätsstandards erfüllt, ist der Artikel wieder versandbereit.
Nicht benutzt und trotzdem weniger wert
Doch nicht nur Zeit und personeller Aufwand sind ein Problem. Jede fünfte Sendung kommt mit beschädigter Originalverpackung zurück. Einmal aufgerissen, ist die Ware weniger wert. Wenn der Kunde anschließend von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, bleibst du als Online-Händler meist auf dem Schaden sitzen. Im Bereich Elektronik und Textilien tritt dieses Problem am häufigsten auf, wie die Händlerbund-Studie Wie fair sind Kunden im Online-Handel zeigt.
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Warum schaden Retouren der Umwelt?
Wenn zurückgesandte Ware beschädigt ist und nicht mehr aufbereitet werden kann, wird sie nicht mehr als A-Ware vertrieben, somit landet sie als B-Ware in Outlets oder wird gespendet. Rund 4% der Waren landen sogar auf dem Müllberg.
Transport und Verpackung der Artikel wirken sich ebenfalls negativ auf die Ökobilanz aus. 238 000 Tonnen CO2 wurden im Jahr 2018 durch den Retourenversand verursacht. Das sind laut Forschungsgruppe Retourenmanagement der Uni-Bamberg umgerechnet 2200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau pro Tag.

Ein weiterer umweltbelastender Faktor ist das Verpackungsmaterial. Kunden möchten ihr Produkt in einer ansprechenden Optik erhalten. Wenige Unternehmen nutzen derzeit wiederverwendbare Verpackungen.
Warum gibt es so viele Online-Shopping Retouren?
Um herauszufinden, warum so viele Artikel retourniert werden, muss man sich das Einkaufsverhalten der Kunden anschauen. Das digitale Einkaufserlebnis ist ein anderes als im stationären Handel. Online-Shopping spricht nicht alle Sinne an. Der Kunde kann die Ware nicht anprobieren, fühlen oder riechen. Wenn unter anderem die Haptik fehlt, sind die potenziellen Käufer auf die korrekte Darstellung und Beschreibung im Onlineshop angewiesen. Da bleibt es nicht aus, dass Vorstellung und Realität manchmal nicht zusammenpassen.
Des Weiteren kaufen Kunden irrational ein, lassen sich von Emotionen leiten und Angeboten locken. Die Erwartungshaltung ist dementsprechend groß. Erreicht die Bestellung den Kunden, kommt meist das große Erwachen. Und schnell ist das Paket wieder auf dem Rückweg.
Natürlich gibt es auch den Fehlkauf beim Laden um die Ecke. Doch beim persönlichen Umtausch ist die Hemmschwelle höher, als anonym im Internet.
Häufigste Retourengründe:
- Artikel passt nicht
- Das Produkt gefällt nicht
- Die Ware ist beschädigt oder defekt
- Abweichung von Produktbeschreibung
- Unsicherheit bezüglich der Größe, bzw. Bestellung mehrerer Größen
- Falschbestellung
- Zu lange Lieferzeit / Verspätung
- Besseren Preis bei der Konkurrenz entdeckt

Weitere Retourengründe:
- Qualität / Material gefällt nicht
- Preis-/ Leistungsverhältnis stimmt nicht
- Funktionsumfang nicht zufriedenstellend
- Einsatzmöglichkeiten
- Falsche Farbdarstellung
- Lieferumfang unvollständig
- Enttäuschung durch zu hohe Erwartungshaltung
Retourenquote senken — Schritt für Schritt
Es gibt einige Möglichkeiten, um die Anzahl deiner Rücksendungen zu senken. Unser 6-Schritte-Plan soll dir auf diesem Weg als Hilfestellung und Impulsgeber dienen.
1. Ursachenforschung
Weißt du, welcher der häufigste Retourengrund deiner Kunden ist? Hast du die Ursache entdeckt, kannst du erste Maßnahmen ergreifen und entgegensteuern. Durch eine Portfolio-Analyse erkennst du unter anderem stark retournierte Produkte, welche du beispielsweise aus dem Sortiment nehmen kannst. Hierbei gilt es abzuwägen, ob der Artikel tatsächlich mehr Kosten verursacht und du ihn lieber aus deinem Angebot entfernen solltest.
2. Verkaufsfördernde Produktbilder
Im zweiten Schritt wollen wir uns an die richtige Präsentation deiner Waren wagen, um die Retourenquote zu senken. Oftmals prallen die Vorstellung der Kunden und die Realität aufeinander. Dem kannst du ganz einfach entgegenwirken.
Um den angebotenen Artikel in all seinen Facetten online zu präsentieren sind gute Produktbilder das A und O. Hilfreich sind dabei Funktionen, wie Zoom und 360°-Anblick. Immer beliebter werden kurze Produktvideos, in denen man das Kleidungsstück beispielsweise am Model sieht.
Checkliste für die Produktfotografie:
- Close-ups von Details, Materialbeschaffenheit und Bedienelementen
- Präsentiere das Produkt aus verschiedenen Perspektiven, sowie beiliegendes Zubehör
- Features: Zeige die Besonderheiten der Ware
- Ausleuchtung: Das richtige Licht sorgt für möglichst realistische Farbwiedergabe
- Eine hohe Bildqualität und -auflösung gewährt die richtige Darstellung
- Zeige das Produkt in Benutzung, bzw. passender Umgebung, um dessen Ausmaß zu erkennen
- Eventuell kannst du parallel zum Shooting ein Produktvideo mitdrehen oder die 360°-Funktion einplanen
Detailaufnahme Material |
Bild zeigt Produkteigenschaft/Funktion |
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Produkt im Kontext |
Produkt bei der Anwendung |
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Unser Tipp
3. Aussagekräftige Produktbeschreibung
Auch wenn die Bilder das Produkt bestmöglich darstellen, sind umfassende Informationen nötig, um aufkommende Fragen vorweg zu klären. Materialbeschaffenheit, Funktionen oder das Gewicht sind auf den Fotos nicht zu erkennen und sollten angegeben werden. Solche Fakten helfen dem Kunden bei der Kaufentscheidung und können die Retourenquote senken. Zudem gibt es noch einige Punkte, die für eine zufriedenstellende Produktbeschreibung nützlich sind:
- Kläre die wichtigsten Fragen zu deinem Produkt
- Detaillierte Beschreibung von Schnitt, Material-Zusammensetzung und Pflege
- Technische Details und Funktionen sollten herausgearbeitet werden
- Achte auf genaue Maß- und Gewichtsangaben — hier gilt mehr ist mehr
- Vermeide falsche Versprechungen und widersprüchliche Aussagen
- Gib den kompletten Lieferumfang an
- Verlinkungen zu kompatiblen Produkten oder Zubehör
- Ermögliche einen Produktvergleich
- Verlinke deine Social-Media-Kanälen, wo du z. B. Neuware präsentieren und mit den Kunden interagieren kannst
- Ergänze deine Beschreibung durch hilfreiche Videos oder Guides

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4. Genaue Maße und unkomplizierte Größenermittlung
Gerade Bekleidung und Schuhe zählen zu den meist retournierten Artikeln und bedeuten einen großen Verlust für den Händler. Laut Händlerbund-Studie können 44% der zurückgesendeten Textilien aufgrund von Beschädigungen nicht mehr zum Ursprungspreis verkauft werden.
Ein häufiger Rücksendegrund ist die Konfektionsgröße. Leider gibt es bis heute keine einheitlichen Größenangaben — jeder Hersteller misst quasi mit seinem eigenen Maß. So ist es nicht verwunderlich, dass oft mehrere Kleidergrößen zur Anprobe bestellt werden. Hilf deinen Kunden, trotz Größen-Chaos, das passende Kleidungsstück zu finden:
- Umfangreiche Größen- und Umrechnungstabellen erhöhen die Trefferquote
- Größenrechner, wie Fit Finder nutzen die Angaben des Kunden, um die passende Größe rauszusuchen
- Größenvergleich: Auf Basis des bisherigen Kauf- und Retourenverhaltens wird eine bestimmte Größe empfohlen
- Tutorial: Wie nimmt man richtig Maß?
- Kunden um Feedback bitten und Kundenrezensionen als Hilfe nutzen, um eventuell Produktdarstellungen, Informationen oder Vorgänge anzupassen
- Zum Vergleich Maße des Models angeben
- Leicht kontaktierbarer Kundensupport bzw. Einkaufsberater
Interaktiver Größenberater
Größenberater Oberteile
5. Zuverlässige Lieferung
Flecken, fehlende Kleinteile, falsche Artikel oder Lieferengpässe sorgen für unzufriedene Kunden. Wenn die zu versendende Ware jedoch einwandfrei und bereit für den Versand ist, gilt es noch ein paar Dinge zu beachten.
Wähle eine sichere und adäquate Verpackung, um Transportschäden und Retournierungen vorzubeugen. Gerade leicht zerbrechliche Artikel, wie Gläser oder empfindliche Elektrogeräte, sollten gut verpackt und ausgepolstert werden.
Der Lieferdienst deines Vertrauens sollte mehrere Empfangsoptionen ermöglichen, wie z. B. Lieferung an alternative Paketannahmestellen, um die Erstzustellung zu gewährleisten. Denn auch vergebliche Zustellversuche bedeuten Kosten und unnötigen CO2-Verbrauch.
Zusätzliche Optionen wie Terminvereinbarung und Sendungsverfolgung sorgen für ein beruhigendes Gefühl beim Kunden. Wenn der Artikel auch noch schnell und pünktlich ankommt, besteht kein Grund für kundenseitige Unzufriedenheit.
Die Last mit den Rücksendegebühren
Ob kostenfreie oder kostenpflichtige Retour – durchdenke das Thema Rücksendegebühren sorgfältig.
Für kostenfreie Rücksendungen spricht, dass sie einen Kaufanreiz bieten und die Kundengewinnung ankurbeln. Jedoch sind Impulskäufe häufiger, wobei ein Großteil der Artikel wieder zurückgeschickt wird. Müssen Kunden selbst fürs Porto aufkommen, wird zweimal überlegt, ob die Bestellung nötig ist. Somit sinkt sicherlich nicht nur die Retourenquote, sondern auch die Menge der Bestellungen.
Zurück zur Retourengebühr heißt es auch bei Zara. Der spanische Moderiese verlangt seit neuestem 1,95€ für eine Rücksendung. Alternativ hat der Kunde die Möglichkeit die Ware in einer Zara-Filiale abzugeben. Wie sich diese Neuerung auf die Bestellfrequenz auswirkt, wird sich zeigen.
Übrigens: Laut Fernabsatzgesetz trägt der Käufer die Rücksendekosten. Doch nur, wenn der Verkäufer ihn vor Vertragsabschluss im Widerrufsrecht explizit darauf hingewiesen hat. Ist dies nicht klar erkenntlich, muss der Händler die Rücksendekosten erstatten.
6. Zahlungsmöglichkeiten
Auch die Zahlungsweise ist ein großer Entscheidungsfaktor bei Bestellungen.
In Deutschland ist der Rechnungskauf die umsatzstärkste Bezahlart. Der Käufer muss nicht in Vorleistung gehen, sondern erhält zuerst die Ware. Gezahlt wird, wenn der Kunde mit dem Artikel zufrieden ist und ihn behalten möchte. Wer in Vorkasse gehen muss, bestellt deutlich weniger, als bei Zahlung per Rechnung. Dementsprechend wird ausgewählter eingekauft und weniger zurückgeschickt. Hier muss man kritisch abwägen und die für sich passende Lösung finden.
Fazit Retourenquote senken:

Zusammenfassung: Was kannst du tun, um deine Retourenquote zu senken?
Ursachenforschung: Was ist der Hauptgrund für Retouren und welche Artikel werden am meisten retourniert?
Verkaufsfördernde Produktbilder: Präsentiere deine Ware realitätsnah mit allen Details.
Produktbeschreibung: Mache keine falschen Versprechungen, sondern informiere über dein Produkt so genau nd ehrlich wie möglich.
Maße und Größenermittlung: Gib deinen Kunden Hilfestellungen in Form von Maßtabellen, Videos, Kundensupport oder intelligentem Fit Finder.
Verpackung und Transportschäden: Sorge für eine sichere und adäquate Verpackung, um Transportschäden von empfindlichen Waren zu vermeiden.
Termingetreue Lieferung: Sorge für einen reibungslosen Ablauf – von Bestellung bis zum Versand. Durch einen vertrauensvollen Versandpartner gehst du sicher, dass dein Paket pünktlich bei deinem Kunden ankommt.
Zahlung: Überdenke deine Zahlungsmöglichkeiten.
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